Oberbranddirektor Gempp als Zeuge vor dem
Reichstagsbrandprozeß im Herbst 1933 in Leipzig
Quelle: Archiv der Berliner Feuerwehr
Entscheidend ist nun aber, wann diese Listen erweitert
wurden und insbesondere bis zu welchem Termin sie vorliegen sollten.
Aus einer im Stadtarchiv Herdecke entdeckten Anweisung des Höheren
Polizeiführers West in Recklinghausen vom 18. Februar 1933
33 geht hervor, daß alle staatlichen Polizeiverwalter,
Gemeindepolizeiverwalter aller kreisfreien Städte und Landräte
Listen mit den Namen und Adressen sämtlicher Führer
der KPD und ihr nahestehender Organisationen vorzulegen hatten
- und zwar bis zum 26. Februar 1933, einen Tag vor dem Reichstagsbrand!
Die Verhaftungsaktion wurde also nicht, wie der ehemalige
Gestapo-Chef Diels behauptete, im Anschluß an den Brand
spontan improvisiert, sie wurde vor dem Brand von langer Hand
geplant.
Die Verhaftungsaktion in der Brandnacht wurde also
vom Gestapo-Chef persönlich - 6 Stunden vor dem Reichstagsbrand
- angeordnet.
Rudolf Diels behauptete allerdings nie, er könne
hellsehen. Unbestritten ist nun dagegen, daß ein »Hellseher«,
nämlich der populäre, mit NS-Prominenz verkehrende Erik
Jan Hanussen noch viel früher, nämlich erstmals am 24.
September 1932, ein »Todeshoroskop« des Reichstags veröffentlichte
sowie einen Sturz der Verfassung durch das »Eingreifen«
der NSDAP »prophezeite«. 36 Im Zusammenhang mit einem
weiteren »Todeshoroskop« des Reichstags am 24. Februar
1933 spricht Hanussen von »Provokationen«, die »die
Wahl in letzter Minute zu gefährden« drohten. »Mehr«,
so Hanussen, könne »an dieser Stelle nicht angedeutet
werden.« 37 Am 8. März 1933 bestätigte Hanussens
Sekretär, daß mit den »Provokationen« die
Reichstagsbrandstiftung gemeint war. 38
In einer Séance am Abend vor der Brandstiftung
»sah« Hanussen dann »Flammen aus einem großen
Haus« hervorbrechen - dem Reichstag. Vermutlich hatte der
»Hellseher« die Vorabinformationen von seinem Freund,
dem korrupten SA-Grafen von Helldorf erworben. Hanussen sollte
diese Indiskretion nicht lange überleben. Keine vier Wochen
später wurde er auf Befehl von Karl Ernst durch ein SA-Kommando
ermordet.